25. Juni 2018
Selbstverteidigung ist heutzutage bedeutender denn je. Nicht nur im privaten Bereich ist die Tendenz der Teilnahme an Selbstverteidigungskursen extrem steigend, auch in öffentlichen Einrichtungen kommt es häufig zu brenzligen Situationen und eine entsprechende Schulung zum Schutz der Mitarbeiter ist notwendig.
Respektlosigkeit gegenüber Ärzten und Pflegekräften in der Notaufnahme gehören heutzutage leider zur Realität. Nicht nur unter Alkohol- oder Drogeneinfluss nimmt die Gewaltbereitschaft von Patienten oder auch deren Angehörigen gegenüber Klinikpersonal, Klinikeigentum und Rettungsdienst zu. Verbale Gewalt und körperliche Gewalt in Form von Beißen, Schlagen, Treten, Anspucken und sogar Würgen gegen Klinikpersonal sind zwar unvorstellbar in einer Notaufnahme, aber leider Tatsache.
In Kooperation mit dem „Dragos Wing Tsun“ in Gießen war Schulleiterin Silke Mattzick zu Gast in der Notaufnahme des EV und schulte einen Nachmittag das Team zu Deeskalation und Verteidigung im äußersten Notfall. In der Gesprächsführung lernt man, wie eine Situation deeskalierbar ist oder im Vorfeld verhindert werden kann. In Gestik und Mimik zu lesen, nach Rückzugsräumen für den Ernstfall zu suchen und über Notwehr aufzuklären sind wesentliche Bestandteile des Deeskalationsprogramms.
Viele Unruhen kommen auch durch Unverständnis betreffend der Wartezeiten, die in der Notaufnahme entstehen können. Die Behandlung der Patienten orientiert sich hier nach dem Manchester Triage System, einem standardisierten Verfahren zur systematischen Ersteinschätzung bzw. Triage der Behandlungsdringlichkeit von Patienten. Triage bezeichnet dabei die Methodik, den Schweregrad der Erkrankung bzw. der Verletzung innerhalb kurzer Zeit zu erkennen und mittels Kategorisierung eine Einstufung der Behandlungsdringlichkeit vorzunehmen. Die schnelle und sichere Festlegung der Behandlungspriorität ist eine Grundvoraussetzung, um bei begrenzten Ressourcen eine dringliche, notwendige medizinische Behandlung ggf. sofort einleiten zu können. Gerade auch aufgrund von Neuzugängen die mit dem Rettungswagen über die Liegendanfahrt direkt in die Notaufnahme kommen, können wartende Patienten und deren Angehörige kein Verständnis für ihre eigene Wartezeit aufbringen. Hierbei kommt es ebenfalls sehr häufig zu Aggressionen und Pöbeleien von Patienten oder deren Angehörigen gegenüber dem Klinikpersonal.
Nicola Friedhoff, ärztliche Leiterin der Interdisziplinären Notaufnahme des EV sagt „Es geht um einen professionellen und deeskalierenden Umgang mit Patienten in solchen Situationen. Der Deeskalationskurs hilft den Mitarbeitern an ihrem eigenen Erscheinungsbild zu arbeiten und aggressiven Patienten ruhig aber bestimmend sozusagen den Wind aus den Segeln zu nehmen“. „Es geht auch darum, aus so einer Situation heraus, selbst wieder runterzufahren um losgelöst für den Folgepatienten da zu sein. Und je nach dem was vorher passiert ist, ist das nicht immer einfach“, so Kai Flack pflegerische Leitung der Interdisziplinären Notaufnahme im EV.